Die Bibliothek
Der Bibliothekssaal wurde 1731 reich mit Stuck und Fresken ausgeschmückt. Der zarte Bandlwerkstuck stammt von den aus der Schweiz stammenden Künstlern Domenico Androi und Giovanni Bistoli, während die Hackhofer-Schüler Joseph Georg Mayr und Ignaz Gottlieb Kröll für die 1731 entstandenen Fresken verantwortlich zeichnen.
Das gesamte Freskenprogramm steht unter dem Motto, das über dem Portal angebracht ist: „Den Weg der Weisheit will ich dir zeigen.“ An der Ost- und Westwand sind Darstellungen des Erlösers, der Evangelisten, Propheten und Kirchenväter sowie der vier damals bekannten Erdteile zu sehen. Ergänzt werden diese Idealportraits durch einen Zyklus wissenschaftlich tätiger Chorherren. Die Wölbung schmücken weiters zahlreiche, im Barock sehr beliebte Embleme. Die auf 1767 datierten Bücherschränke mit Schnitzereien in den Stiftsfarben Gold-Blau schufen Vorauer Tischler. Bemerkenswert sind außerdem der Himmels- und Erdglobus des italienischen Globenmachers Vinzenzo Coronelli (* 1650) aus dem Jahr 1688 sowie die beiden parabolisch ausgehöhlten Schallmuscheln, die leises Flüstern auf der gegenüberliegenden Seite hörbar machen.
Der umfangreiche Bestand der Vorauer Stiftsbibliothek umfasst etwa 40.000 Bände zu denen 415 Handschriften, 179 Inkunabeln und 82 Frühdrucke zählen.
Ein Juwel unter den Handschriften stellt das Vorauer Evangeliar aus dem letzten Viertel des 12. Jh. mit seinen prächtigen ganzseitigen Evangelistendarstellungen dar. Ihren hohen literaturhistorischen Wert verdankt die Vorauer Handschriftensammlung der ältesten frühmittelhochdeutschen Sammelhandschrift geistlicher und weltlicher Dichtung. Das um 1190 unter Propst Bernhard entstandene Werk enthält u.a. die Kaiserchronik, die Vorauer Genesis, das Ezzolied und die Dichtungen der Ava, der ersten namentlich bekannten, deutschsprachigen Dichterin.
Die Vorauer Handschrift Ms 276 ist seit Juli 2018 online, dank der hervorragenden Arbeit des Projektteams der Universitätsbibliothek der UNI Heidelberg in Deutschland und des Digitalisierungszentrums der Universitätsbibliothek der UNI Graz.